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E-Health im Arbeits- und Gesundheitsschutz - Teil II

Die Vernetzung schreitet voran und wie überall gilt es auch bei digitalen Lösungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz mit Bedacht vorzugehen. Vor einer Umstellung auf digitale Medien sollte aus verschiedensten Blickwinkeln und von verschiedensten Professionen darauf geschaut werden, um nicht über das Ziel hinauszuschießen. Immer mit dabei sein sollten neben der Fachkraft für Arbeitssicherheit, den Gesundheitsmanagern, Arbeitspsychologen, Betriebsärzten etc. auch die Datenschutzbeauftragten.

Security

In der letzten Ausgabe von VDSI aktuell war zu lesen, dass die digitale Verhaltensprävention über Apps, dem sogenannten M-Health, auf dem Vormarsch ist, was zu begrüßen und worauf zu achten ist. Auch die voranschreitende digitale Verhältnisprävention wurde beleuchtet und festgehalten, dass diese nicht nur von Nutzen, sondern auch zu Fehlbelastung meist mentaler Art führen kann. Mit E-Health im Sinne der Definition des Bundesgesundheitsministerium* haben derzeitige digitale Medien aber kaum etwas zu tun.

E-Health ist weit mehr als der Einsatz von Apps, digitalen Raumkonzepten und Online-Anmeldeplattformen etc., die losgelöst voneinander im Einsatz sind. Auch wenn alle davon sprechen: Ein vernetztes BGM-System, in dem alles über digitale Schnittstellen zusammenfließt und die Analyse von Big Data ermöglicht, hat wohl noch niemand. Die Entwicklung solcher BGM-Systeme ist allerdings absehbar und birgt gerade in Bezug auf den Datenschutz vielfache Risiken:

  • Manche Firmen nutzen schon eine Art von P-Health (siehe Bild) für Ihre Mitarbeitenden. Hierbei erhält jemand der eine App nutzt, zusätzlich eine persönliche Betreuung. Von digitaler Vernetzung kann aber auch hier (noch) nicht die Rede sein. Dazu müsste der Betreuer auch Zugriff auf die Daten der App haben, um sich einschalten zu können. Coaching-Apps z.B. weisen bei gewissen Eingaben darauf hin, dass es nun gut wäre, sich an eine versierte reale Person zu wenden. Betrachtet man die wachsende Anzahl an Burnout-Fällen und an Depression Erkrankter, macht eine Übermittlung von Daten aus einer App an einen persönlichen Betreuer durchaus Sinn. Dieser Personengruppe könnte man so viel schneller und vor allem vor einem totalen Ausfall zur Seite stehen. Die Frage ist allerdings, wie das datenschutzkonform umzusetzen wäre. Welche Schnittstellen benötigt es, wie ist der sichere Transfer gewährleistet, wo werden die Daten abgelegt, sind nur ein paar Fragen, die es zu klären gilt. Hier muss auch Vertrauensarbeit geleistet werden. Ansonsten nutzt der Mitarbeitende entweder solch eine App nicht oder die nächste mentale Fehlbelastung ist vorprogrammiert.
  • Wie schön wäre es doch insgesamt vernetzte System zu haben, um noch besser und auch proaktiv die Gesundheitsförderung im Betrieb voranzutreiben. Die Kommunikation wäre vereinfacht, eine kontinuierliche Evaluation möglich, usw. Genial und so zeitsparend. Aber auch hier: Was ist mit der Datensicherheit? Bislang galt es sicherzustellen Gesundheitsdaten, denkt man z. B. ans BEM, in Statistiken nur anonymisiert und zusammengefasst darzustellen. Aber die aktuelle Forschung zeigt: bald geht es um die persönlichen Daten, um Prävention, Rehabilitation und Therapie punktgenau auf die Betreffenden durch C-Health abzustimmen. Das geht weit über den betrieblichen Rahmen hinaus und vieles auch erst in diesen hinein. Wie kann dann noch sichergestellt werden, dass das nicht zum Nachteil von betroffenen Mitarbeitenden ausgelegt wird? Ein Maximum an gesundheitsförderlichen Aktionen bei einem minimalen persönlichen Schutz geht nicht. Es bestünde die Gefahr, dass Beschäftigte gläsern werden. In Deutschland lässt das der Datenschutz nicht zu, aber wie sicher sind die von Betrieben derzeit eingesetzten Apps wirklich? Schnell sind womöglich Aktivitätsprofile erstellt, verglichen und personalpolitische Konsequenzen gezogen.

Fazit
Je mehr Digitalisierung, desto mehr kann getrackt[1] werden. So werden mit Apps der Krankenkassen Daten erhoben, um die Tarife zu optimieren. Privat kann jeder machen was er mag. Im betrieblichen Alltag jedoch gibt es noch viel zu tun auf dem Wege zum E-Health, egal in welcher Form Big Data gefüllt wird. Der Arbeits- und Gesundheitsschutz ist gefragter denn je, die Herausforderungen heutzutage nur digitaler. Die Nutzung des gesunden Menschenverstands bleibt, bei aller Freude ob der technischen Möglichkeiten, unabdingbar.

                                                                               [1] Erhobene Daten von Nutzern digitaler Medien werden in Echtzeit oder gebündelt übertragen
Petra Zander
Leitung FB Psyche

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Hier geht es zum Download des Artikels in der Ausgabe 2/2020


*„E-Health ist […] ein Oberbegriff für ein breites Spektrum von Informations- und Kommunikationstechnologie gestützten Anwendungen (IKT), in denen Informationen elektronisch verarbeitet, über sichere Datenverbindungen ausgetauscht und Behandlungs- und Betreuungsprozesse von Patienten und Patientinnen unterstützt werden können...“. Quelle: www.bundesgesundheitsministerium.de, 2020

Quellen/Literatur:

  • Studie der TU Braunschweig "Chancen und Risiken von Gesundheits-Apps (CHARISMHA)": http://www.charismha.de/
  • Digitales Betriebliches Gesundheitsmanagement, 2018, David Matusiewicz & Linda Kaiser Hrsg.
  • iga.Wegweiser: Apps, Blogs und Co. – Neue Wege in der betrieblichen Gesundheitsförderung, 2016
  • Prävention 4.0, 2018, Oleg Cernavin, Welf Schröter & Sascha Stowasser Hrsg.
  • Arbeitswelt der Zukunft, 2018, Harald R. Fortmann, Barbara Kolocek Hrsg.