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Rückkehr aus dem Off – Alles easy going und lasst uns den Urlaub streichen?
Fehlbelastung aus „Homeoffice“ und Kurzarbeit Rechnung tragen
Es geht gar nicht Urlaube/Ferien womöglich zu streichen, um verlorene Zeit wieder hereinzuarbeiten, was ja hier und da schon zu lesen war in den Medien und auch durchaus von Beschäftigten vorgeschlagen wird. Der Beschäftigte daheim, ob im „Homeoffice“ oder in Kurzarbeit hat sich nicht ausgeruht, sondern eine ganz neue Form des Stresses erlebt. Entweder isoliert, da alleinlebend oder ständig mit Partner und Kind/ern auf womöglich engem Raum zusammenlebend und so ziemlich jeder außerhäuslichen Freizeitbeschäftigung entledigt, fühlt man sich schnell eingeengt. Die einen neigen zu depressiven Verstimmungen, die anderen zu steigender Gereiztheit. Hinzu kommt die Angst. Gehört man nicht zu einer Risikogruppe, ist es aber nicht die Angst zu erkranken. Die Sorge darum wie es beruflich weitergeht, raubt da deutlich mehr den Schlaf. Wann kann man wieder an den Arbeitsplatz? Gibt es die Firma überhaupt noch, wenn das nicht bald ein Ende hat? Jetzt, wo die technischen Möglichkeiten so schnell geschaffen wurden, wird womöglich das „Homeoffice“ eine Dauereinrichtung? Was ist, wenn ich gleich wieder krank bin, denn mir tut mein Rücken, Nacken etc. vom Arbeiten am Küchentisch so weh? So werden viele weder entspannt und ausgeruht noch körperlich in besserer Verfassung als zuvor an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Die einzelnen Fragestellungen lassen sich im Normalfall gut beantworten, aber zurzeit sind sie alle und für viele gleichzeitig da. Eine ganz besonders anspruchsvolle Situation.
Zunehmender Automatisierung und Komplexität der Systeme Rechnung tragen
Wochenlang war man nicht vor Ort im Betrieb und so sind nicht nur Passwörter, die man bislang aus dem Effeff herunterbeten konnte aus dem Gedächtnis gestrichen. Die Arbeitswelt im produzierenden Gewerbe geschieht an technisch hochkomplexen Systemen und auch sonst ist die Komplexität enorm gestiegen. Schnell kann hier ein Fehler zu Qualitätsprobleme oder gar zu Unfällen führen. Die Beschäftigten trauen sich womöglich mehr zu als sie nach dieser langen Pause, die halt kein Urlaub war, noch können. Aber wer gibt das schon gerne zu? Und sicher ist es nicht jedem bewusst. Kaum aus dem goldenen Käfig der Kurzarbeit daheim entlassen, wartet schon die nächste Belastung: Von Null auf 100 durchstarten. Endlich wieder zupacken können -was viele wollen- birgt aber neue Gefahren. Um dem entgegenzuwirken, könnten neben den Unterweisungen nach dem Infektionsschutzgesetz generelle Kurzunterweisungen zu den technischen Systemen beim Arbeitsneustart, den Stress reduzieren und die Fehler- sowie Unfallhäufigkeit nicht nach oben schnellen lassen.
Verlorenes Wissen – einer Fehler- und Fragenkultur Rechnung tragen
Die Phase der Nichtproduktivität muss nicht eine Phase des Stillstands sein. Es kann hinterfragt werden, wie man bei dem baldigen Neustart gemeinsam, unabhängig des Verantwortungslevels, bestmöglich Fahrt aufnimmt. Dazu ist die Unternehmenskultur zu hinterfragen. Wenn Fehler passieren, wird nach Lösungen oder nach den Schuldigen gesucht? Aber noch besser als eine gute Fehlerkultur ist eine Fragenkultur. Ist es erlaubt etwas nicht mehr zu wissen und nachzufragen? Unternehmenslenker*innen können es als Chance begreifen und gleichzeitig die mentalen Herausforderungen durch verlorenes Wissen reduzieren, indem sie bei Wiederaufnahme der Arbeit vor Ort mit gutem Beispiel voran gehen und Fragen stellen oder zu komplexen Themen Workshops anbieten.
Autorin: Petra Zander
Leitung Fachbereich Psyche
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