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Homeoffice - Mehr mobiles Arbeiten denn Telearbeit - Und wie gut geht es uns dabei?

Ein Zeichen dieser Zeit. Kaum eine E-Mail-Signatur, die nicht den Hinweis tragen würde: Zurzeit befinde ich mich im Homeoffice. Dabei, strenggenommen, wird oft nur gemeint: Ich bin nicht im Betrieb. Aber wo befindet sich dann das Homeoffice? In der eigenen, privaten Bibliothek? Doch eher im Wohnzimmer oder gar in der Küche. Und was macht es mit einem, wenn zu Hause der Partner und die Kinder gleichzeitig um den leistungsstärksten Laptop der Familie ringen und in der Wohnung die Geräuschkulisse keine Konzentration zulässt? Welche Leistung ist unter diesen Bedingungen möglich?

Was oft in dieser Zeit der Kontaktreduktion mit „Homeoffice“ gemeint ist, ist im besten Fall eine Form des „Mobilen Arbeitens“ worauf schon im letzten Newsletter vom FB Büroarbeit hingewiesen wurde. Zugegeben es klingt nach Wortspielerei. Da die Begriffe jedoch auch unterschiedliche Rahmenbedingungen beinhalten, andere Organisationsformen und gar Rechtsnormungen bedeuten, wird die Spielerei doch zum Ernst. Daher möchten wir nochmals auf die Handlungshilfen der Kollegen des FB Büroarbeit hinweisen.

Es gilt aber auch die psychische Belastung an sich neu zu bewerten, um Rückschlüsse auf die zu tätigen Aufgaben und des Leistungsvermögens ziehen zu können.

I Die Aufgaben neu erfassen
Nicht nur die Beantwortung der Frage nach der sicheren Kabelführung oder nach der richtigen Bildschirmausrichtung zollt hier von der verantwortungsvollen Vermeidung von Schmerz und Leid bei der Arbeit. Welche Rolle spielen die besonderen Umstände, mit denen die Mitarbeitenden in der heutigen Zeit konfrontiert werden? Dabei unterscheiden wir nicht zwischen Funktionsträger, Fach- oder Führungskräften. Sie sind alle gleichermaßen, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung, mit den Herausforderungen des Arbeitens außerhalb ihrer gewohnten Umgebung und mit ungewohnten Mitteln konfrontiert. Jeder von uns weiß, wie sich eine „TelKo“ anfühlt und wie anstrengend eine Videokonferenz sein kann. Dabei meine ich nicht, oder nicht nur, die technische Herausforderungen. Für viele Unternehmen ist der Umgang mit digitaler Kommunikation und mit mobilem Arbeiten nicht neu. Viele haben es sogar im Rahmen der Gefährdungsbeurteilungen längst behandelt und gesunde Lösungen erarbeitet. Was doch für viele neu sein dürfte ist zum einen die Tatsache, dass diese Formen der Außer-Haus-Arbeit heute sehr viel mehr Menschen gleichzeitig betrifft und zum anderen, dass die Umgebung, in der sie stattfindet, sich verändert hat. Wenn zum Beispiel zu Hause auch der Partner und die Kinder gleichzeitig um den leistungsstärksten Laptop der Familie ringen und in der Wohnung die Geräuschkulisse keine Konzentration zulässt.
 
II Die Leistungen neu messen
Noch mehr beschäftigt doch die Frage nach der eigenen Wirksamkeit und der objektiven Leistungserbringung. Nach welchen Kriterien wird unter diesen Umständen Leistung erwartet, gemessen und wertgeschätzt? Wie wird damit umgegangen, wenn jemand den (Abgabe-)Termin doch nicht einhalten konnte? Nur weil das Baby geweint hat oder einfach nur, weil einem alles über den Kopf wuchs? Deutlich wird, wie wertvoll eine Unternehmenskultur sein kann, in der Rahmenbedingungen für gute und gesunde Arbeit gegeben sind. Führung auf Distanz ist nicht nur eine Frage der Organisation, sondern eine Kompetenz. Zu diesem Thema ist folgende VBG Publikation zu empfehlen.

III Die Gefahren neu beurteilen
Es geht also nicht nur einfach darum den Ort des Wirkens zu verlagern, sondern sich Bewusst zu machen, dass gegenwärtig vollkommen andere Gesetzmäßigkeiten gelten und dementsprechend andere Kompetenzen notwendig sind. Es gilt die Auswirkungen dieser mobilen Formen der Kommunikation und der Arbeit, unter den besonderen aktuellen Gegebenheiten, (neu) zu bewerten. Welche Lösungen sind für wen, wann sinnvoll? Welche Voraussetzungen sind nötig? Wo ergeben sich Gesundheitsgefahren und welche Maßnahmen müssen sinnvollerweise getroffen werden? Wie sind sie zu kommunizieren und nicht zuletzt: Wie war die Wirksamkeit dieser Maßnahmen? Diese Art der Gefährdungsbeurteilung müssen wir als Instrument nicht neu erfinden, aber unter Berücksichtigung der neuartigen psychischen Belastungsfaktoren erneut angehen. Als Akteure im Arbeitsschutz liegt es in unserer Hand, hierfür Bewusstsein im Unternehmen zu schaffen.

Autor: Valdemaro Compagna
Mitglied im Fachbereich Psyche

Einen weiteren Artikel zu den mentalen Auswirkungen des Shut-und LockDowns auf Beschäftigte finden Sie hier

Kennen Sie schon unsere Erfahrungsberichte über die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung? In "mein Fachbereich" können Sie sich das pdf mit ersten Erfahrungsberichten herunterladen